Bang Bang Image Damage
Serie, Tusche, Kreide, Glasgravur / series, ink, chalk, glass engraving, 60 x 50 cm, 2018-22
Als Meteoriten werden Himmelskörper bezeichnet, die beim Eintritt in die Atmosphäre nicht verglühen und in die Erdoberfläche einschlagen. Meist bestehen sie Großteils aus Stein und Eisen und erscheinen typischerweise aufgrund der entstandenen Schmelzkruste tiefschwarz. Wissenschaftlich dokumentierte Beobachtungen von Einschlägen sind sehr rar, Fundobjekte und Berichte vermitteln aber ein grobes Bild, wie oft tatsächlich ein Meteorit seinen Weg bis zu uns findet und damit auch Schaden anrichtet (glücklicherweise ist die Wahrscheinlichkeit, getroffen zu werden immer noch buchstäblich astronomisch gering).
In ihrer Arbeit „Bang Bang Image Damage“ kommet es zu zerstörerischen Kollisionen. Als Zeichnung festgehalten ist der Moment, sobald ein voluminöser Gesteinsklumpen nach scheinbar ewigen Zeiten des immerwährenden Herumschwebens in den Weiten des Weltalls schließlich seine Bestimmung findet und innerhalb eines Bruchteils einer Sekunde ungebremst in eine Fensterscheibe kracht – in unserm Fall der verglaste Rahmen eines museal anmutenden Schaukastens. Der Einschlag hinterlässt sichtliche Spuren: die Glasfläche der Vitrine ist völlig zersplittert, regelrecht demoliert, ein irreparabler Sachschaden ist hier entstanden, das (Kunst-)Objekt als solches beschädigt, welch Tragödie, welch ein Malheure.
Trotz all der Zerstörung und dem angerichteten Chaos, kann man sich nicht des Eindrucks erwehren, dass hier etwas nicht stimmt – oder vielmehr - dass hier im Gegenteil alles zu sehr stimmt und penibel genau so zu sein hat, wie es dargestellt ist. Ganz offensichtlich ist diese Szene (einer Aufführung gleich) nämlich eine gestellte.
Allein schon, dass es sich um ein flaches Abbild handelt und nicht um einen dreidimensionalen Körper, entlarvt die Inszenierung – zumal auch der Himmelkörper sich streng genommen auf der anderen Seite der Scheib befinden müsste. Unterstrichen wird die Posse mittels Kraft der Zeichnung. Es handelt sich nicht um eine illusionistische oder gar fotografische Ausführung, sondern um eine grobe, energische Zeichnung des Gesteins mit Graphit, Kreide und Tusche; der Impakt bzw. die davor schwebende, vermeintlich gesplitterte Glasfläche entpuppt sich als Gravur.
Ganz offensichtlich geht es der Künstlerin also nicht um eine Augentäuschung, sondern etwas anderes. Indem sie diese Motive wählt, sie auf ihre Plätze verweist – sprich, sie in eine Bildfläche transferiert - und schließlich diese alle einzelnen Elemente wie Zutaten miteinander verbindet, entsteht ein Spiel – und zwar ein zeichnerisches. Die Zeichnung als Inbegriff der Interpretation schildert (als ob aus zweiter Hand erzählt) eine Szene. Weder wird hier ein Moment eingefangen, noch wird er hier fiktiv dokumentiert. Nein. Es handelt sich um ein gezeichnetes Bonmot über... ja, was nun? ... die Sensation, oder das Verhängnisvolle, oder nur das sensationelle Verhängnis: „Ein Stein im freien Fall, dann ein Knall, und etwas zerbricht. Kräfte wirken nun mal so. Manchmal muss auch etwas kaputtgehen.“, so Marianne Lang.